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Was bieten das Internet und proprietäre Dienste wie AOL, CompuServe und T-Online
für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren? Inwieweit sind im deutschen Sprachraum überhaupt
Anbieter auszumachen, die Inhalte explizit für diese Zielgruppe aufbereiten? Und
in welcher Form tun sie dies? Das Potential des Internet als Freizeit-
und Bildungsmedium für Kinder habe ich bereits an anderer Stelle systematisch ausgelotet. (97)
Auch einige andere Autoren haben - teils in Überblicksform, teils als
Einzelbetrachtung - dargelegt, in welchem Umfang das "deutsche Internet" auf
Kinder zugeschnittene Angebote bereitstellt. (98) Dabei stand im Zentrum des
Interesses zumeist das World Wide Web.
An dieser Stelle kann folglich darauf verzichtet werden, die verschiedenen
Online-Inhalte für Kinder und die Form ihrer Darbietung umfassend zu beschreiben.
Eine erschöpfende Darstellung des status quo wäre ohnehin schnell veraltet.
Verwiesen sei auf die kommentierte Liste mit Hyperlinks im Anhang.
Die dort aufgeführten Netzadressen sind als Illustration für die folgenden
Ausführungen gedacht.
Ich beschränke mich hier auf die Darstellung einiger Trends,
zusammengefaßt in Form von fünf Thesen. Sie gründen sich auf eine explorative
Sichtung des vielfältigen Angebots in den verschiedenen Diensten des Internet
(World Wide Web, Mailinglisten, Newsgroups, Internet Relay Chat, Multi User Dungeons,
VRML-Welten) und die Auswertung der relevanten Literatur. Letztlich sind
sie das Resultat einer zweieinhalbjährigen "Arbeit im Feld": Im Frühjahr 1996
habe ich mich erstmals für den WDR-Kinderhörfunk (Lilipuz) auf die
Suche nach deutschsprachigen WWW-Seiten für Kinder gemacht und unternehme
seither regelmäßig Ausflüge ins Netz, um neue Angebote auszuspähen.
Etwas ausführlicher gehe ich auf zwei WWW-Spielplätze ein, die sich
durch Umfang und Popularität aus der Masse der Angebote abheben:
das Kindernetz des Südwestrundfunks
(SWR) und Fun Online von
Egmont Interactive.
These 1: Hoch lebe die Graswurzel! Vor allem Privatleute engagieren sich im Netz für Kinder. Öffentlich-rechtliche und kommerzielle Anbieter halten sich bedeckt. |
Druin und Solomon unterscheiden drei große Gruppen von Anbietern, die im Netz aktiv werden: (99)
Zwischen 60 und 70 Prozent der Angebote für Kinder im World Wide Web, so
schätzte das Forschungsunternehmen "Jupiter Communications" Ende 1996, gehen
auf die Initiative von Privatleuten und nicht-kommerziellen Organisationen zurück. (100)
Für Deutschland ist der Anteil der "Grassroots Users" ähnlich hoch anzusetzen.
Es überwiegen eindeutig Sites, die von pädagogisch ambitionierten Erwachsenen
unterhalten werden, von Lehrern beispielsweise oder von Personen, die in
der Jugendarbeit beschäftigt sind. Ein Großteil dieser WWW-Seiten zeichnet sich
durch eher bescheidene Inhalte aus, viele bestehen einfach nur aus Verweisen zu
anderen virtuellen Anlaufstellen für Kinder. (101) Auf den Homepages vieler
Schulen stellen Schülerinnen und Schüler die Ergebnisse ihrer Projektarbeit aus.
Grundschulen sind allerdings kaum vertreten. (102) Einzelseiten von Kindern
sind ebenfalls eher selten - anders als in den USA, wo zahlreiche
Kinder unter dem Internet-Konto der Eltern oder gar mit der Unterstützung
eines kostenlosen Web-Space-Anbieters ein eigenes virtuelles Zuhause aufgebaut
haben (Beispiel: die "Enchanted-Forest-Neighbourhood" bei Geocities).
Kommerziell orientierte Sites, auf denen Spielwarenhersteller oder
Verlage ihre Produkte anpreisen, indem sie direkt Kinder ansprechen,
sind erheblich seltener anzutreffen als im englischsprachigen Raum. (103)
Offenbar ist das Internet als Werbeträger für die deutsche Industrie,
die für Kinder bestimmte Produkte herstellt, kaum attraktiv. Angesichts
des (noch) geringen Verbreitungsgrades in der Altersgruppe der 6- bis 13jährigen
erscheint mir dies auch durchaus nachvollziehbar.
Öffentlich-rechtliche Institutionen, Interessenverbände und politische Organisationen
sprechen ebenfalls in den seltensten Fällen Kinder direkt an. Als prominente
Ausnahmen sind Greenpeace,
der Deutsche Bundesrat
und die Stuttgarter Kinderbibliothek mit ihrem virtuellen Bücherhaus CHILIAS (104) zu nennen. (105)
Bei den proprietären Diensten tut sich allein America Online mit
einer kinderfreundlichen Umgebung hervor (Kids Club).
These 2: World Wide Web und sonst (fast) nichts. Die verschiedenen Internet-Dienste bieten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, die jedoch nur teilweise für Kinder erschlossen werden. |
Das Internet besteht nicht allein aus dem World Wide Web - auch wenn
dieser einzelne Dienst sich der größten Popularität erfreut und wegen
seines multimedialen Charakters am ehesten für Kinder geeignet sein dürfte. (106)
Da wäre als weiterer Dienst zunächst die E-Mail zu nennen, die nicht nur zum
individuellen Briefverkehr eingesetzt werden kann, sondern auch die
Möglichkeit bietet, zeitversetzt mit mehreren anderen Netizens zu "diskutieren",
über sogenannte Mailinglisten. Solche E-Mail-gestützte Diskussionsforen für Kinder
sind jedoch in Deutschland - wiederum im Gegensatz zum englischsprachigen Raum -
eine Ausnahmeerscheinung (zwei Ausnahmen sind die im Frühjahr 1998 von der
Hamburger Pädagogin Birgit Bachmann und mir selbst initiierte Kinderpost
sowie das deutsche Kidcafe der amerikanischen Organisation Kidlink ). (107)
Ähnlich sieht die Situation bei den Newsgroups aus. In der Schule-Hierarchie (108)
gibt es einige Gruppen (Beispiel: schule.schueler.forum), in denen sich jedoch
vorwiegend Jugendliche zu Wort melden.
Chats sind mittlerweile in mehrere WWW-Angebote integriert.
Virtuelle Erlebniswelten für Kinder, wie die textbasierten Multi User Dungeons (MUDs),
gibt es nicht in deutscher Sprache. Auch hier sind die Amerikaner weiter -
siehe das Beispiel des am "Massachusetts Institutes of Technology"
(MIT) von Amy Susan Bruckman entwickelte MOOSE Crossing. (109)
Und auch Multimedia-MUDs für Kinder, die über die rein textuelle Darstellung
hinausgehen und Avatare visuell darstellen (wie beim ebenfalls am MIT entstandenen Pet Park) (110)
sucht man genauso vergeblich.
These 3: Angebote für Kinder im World Wide Web basieren häufig auf einer diffusen Zielgruppendefinition. |
Die Internet-Zeitschrift pizz@ bemerkt etwas polemisch:
"Bei Internetadressen für Kinder gibt es drei grundsätzliche Unterschiede,
die oftmals, zumal in Suchmaschinen (...) nicht offensichtlich sind,
nämlich die wirklich auf die Nutzung durch Kinder abgestimmten URLs, dann die
Angebote für Eltern von Kindern dieser Altersstufe und schließlich die Sites
für infantile Erwachsene, wie zum Beispiel http://www.salamander.de
oder http://www.augsburger-puppenkiste.de,
kurz, Kinderträume der 70er Jahre, die den Kids der Neunziger allenfalls noch
ein müdes Lächeln abnötigen." (111) Aber es gibt nicht nur jede Menge vermeintliche
Kinderseiten, die keine sind. Bei vielen WWW-Sites, insbesondere denen von
"Amateur-Webmastern", gewinnt man überdies den Eindruck, daß sich die
Anbieter selbst nicht so recht darüber im klaren sind, wen sie denn nun
eigentlich ansprechen wollen.
Ein klassisches Beispiel dafür ist die Homepage Kinderinfo.
Der Betreiber dieser WWW-Seite, der Bochumer "Karussel e.V." (112),
bezeichnet seine Homepage als "das Informationssystem für Kinder und Eltern".
Dabei wird nicht klar, für wen diese Site hauptsächlich bestimmt ist:
Auf der einen Seite finden sich hier Basteltips, Links zu Kinderseiten und
der Ausdruck einer kinderfreundlichen Hausordnung. Kinder veröffentlichen hier
in loser zeitlicher Folge Artikel über gesellschaftliche Ereignisse.
Auf der anderen Seite weisen die Autoren der Seite dann auf einen Artikel
über Kindersoftware in der Computerzeitschrift c't hin.
Eine Übersicht zu den Kinderprogrammen deutscher Museen ist nur einen
Klick weit entfernt von den Tips über die passenden Babygeräte. Fraglich erscheint
mir auch, ob Kinder mir der Formulierung "externer Link" etwas anfangen können.
These 4: Von wegen "Multi-Media"! Die wenigsten Anbieter schöpfen die Möglichkeiten multimedialer Darstellungsformen auch nur ansatzweise aus. Häufig werden die Rezeptionsbedürfnisse der Kinder geflissentlich ignoriert. |
Die Qualität der grafischen Gestaltung auf deutschsprachigen Kinderseiten
ist durchwachsen, was wiederum mit der Anbieterstruktur zusammenhängen dürfte:
Viele Menschen, die bereit sind, sich im Netz für Kinder zu engagieren,
tun dies "auf eigene Rechnung". Als "Freizeit-Webmaster" verfügen sie aber
nicht über das für einen professionellen Webauftritt nötige technische und
gestalterische Know How.
Es gibt allerdings einige sehr liebevoll designte Seiten, insbesondere bei
professionellen Anbietern oder solchen, die in einem gestalterischen Beruf
tätig sind und sich in der Freizeit mit dem WWW auseinandersetzen
(Beispiele: Ika Bremers Online-Märchen,
Thoddy's Wolf Web Site,
GEO lino).
Hier wird auf das Computervorwissen, die kognitiven Fähigkeiten und das
Rezeptionsverhalten von Kindern Rücksicht genommen. Andere Homepages
bestehen aus Textwüsten. (113) Ambitioniertere multimediale Präsentationsformen wie Audio-
oder Videoeinspielungen haben Seltenheitswert: "Betrüblich häufig sind
die Internetangebote für Kinder mit beleidigend geringem Aufwand
hergestellt worden. Da gibt's ein paar Zeichnungen, neben denen dröger
Fließtext läuft. Interaktivität ist weithin unbekannt und beschränkt
sich aufs Weiterblättern, es gibt kaum Spiele, keine Chatrooms,
keine Rätsel; kurzum: Nix mit Multimedia!" (114)
These 5: Partizipation nur im Einzelfall. Verhältnismäßig wenige deutsche WWW-Sites bieten die Möglichkeit zur Interaktion. Ausnahmen bestätigen die Regel. Zwei Beispiele. |
Webmaster können Kindern auf unterschiedlichsten Wegen die
Möglichkeit einräumen, eigene Ideen und Inhalte in ein einzelnes WWW-Angebot
einzubringen. Am einfachsten zu realisieren (und am wenigsten pflegebedürftig)
sind schwarze Bretter: Kinder kritzeln ihre elektronischen Botschaften an die
von allen Internet-Nutzern einzusehende virtuelle Pinnwand. Darüber hinaus
sind Galerien denkbar, in denen Kinder eigene Bilder oder Texte ausstellen
(Pixelkids),
gemeinschaftlich von Kindern gestaltete Homepages, Online-Kreuzworträtsel
oder Spiele (wie beispielsweise bei Politix
zu finden, der Bundesrat-Seite für Kinder und Jugendliche).
Im deutschen Sprachraum sind solche zur Interaktion einladende Seiten
eher selten, im englischen Sprachraum dagegen bedeutend häufiger anzutreffen
(Beispiel: die Global Children's Art Gallery).
Aufenanger stellt fest, typisch für amerikanische Webangebote,
die Kinder ansprechen, sei: "Sie beziehen sie mehr mit ein und bieten
ihnen kreative Möglichkeiten zur Mediengestaltung und die dazugehörige Veröffentlichung." (115)
Daß es daran im deutschen Sprachraum mangelt, dürfte auch wieder mit der
Anbieterseite zusammenhängen: Foren und etwas komplexere Interaktionsformen
(Chat, Web-Pinnwände, 3D-Welten) setzen ein gewisses Maß an technischer
Versiertheit voraus, die vom pädagogisch ambitionierten Freizeit-Webmaster nicht
unbedingt erwartet werden kann.
Gerade die Interaktionsmöglichkeiten des Internet aber scheinen für die
Online-Youngsters besonders wichtig zu sein. Darauf deuten die beiden Beispiele
hin, auf die ich nun etwas ausführlicher eingehen möchte:
Das SWR-Kindernetz wurde am 13. März 1997 auf der Computermesse CEBIT der Öffentlichkeit vorgestellt. (116) Das WWW-Angebot ist als Spielwiese für den Surfer-Nachwuchs konzipiert, die (fast) eigenständig neben dem TV-Kinderprogramm des SWR besteht.
Es geht hier weniger um eine programmbegleitende Maßnahme, sprich
darum, das Online-Publikum mit einer elektronischen Programmbroschüre zu beglücken.
Die Online-Redaktion des SWR setzt stark auf Interaktivität, sie gibt den
Kindern (zwischen sieben und 15 Jahren ist die anvisierte Zielgruppe)
Raum für Meinungsäußerungen. So haben die Besucher des Kindernetzes Gelegenheit,
sich in zwei themenzentrierten und einem offenen Forum zu Wort zu melden.
Über eine einfache Eingabemaske können sie sich in wenigen Minuten eine
eigene Homepage zusammenbasteln, auf der sie ihre Hobbys und Interessen
beschreiben. Sie werden dann - mit einem selbstgewählten Spitznamen (Alias)
- in das Adreßbuch der "Community" aufgenommen. Dort wiederum können
andere Kinder mit ähnlichen Interessen sie ausfindig machen, ihre Mini-Homepage
besuchen und direkt auf der Seite einen Kommentar hinterlassen. Daß all diese
Stellungnahmen öffentlich sind und dadurch nicht die Möglichkeit besteht,
privat an ein Kind zu schreiben, soll Erwachsene mit pädophilen Interessen von
"Anmach"-Versuchen abschrecken. (117)
In "Tonstudio" können Kinder überdies eine Fortsetzungsgeschichte weiterschreiben
und sogar Töne in ihre Erzählung integrieren - ein Angebot, von dem
allerdings bislang herzlich wenig Kinder Gebrauch gemacht haben. Hier scheint
die technische Hürde doch ein wenig zu hoch zu sein.
Mit dem Kindernetz hat der SWR einen virtuellen Raum geschaffen,
"der den Kindern Gestaltungs- und Ausdrucksmöglichkeiten bietet und virtuelle
Lebenswelten eröffnet. In diesem virtuellen Kinderdorf sind die Kinder selber
präsent, sie bauen ihre Homepage auf und lernen andere Kinder aus ganz
verschiedenen Städten kennen. Die aktive Präsenz der Kinder macht das Kindernetz
lebendig und beweist, daß der vernetzte Alltag zu Wirk-lichkeit werden kann." (118)
In den ersten beiden Wochen nach seiner virtuellen Geburt verzeichnete
das Kindernetz 100.000 Zugriffe, Ende August 1998 waren es rund 170.000
im Monatsschnitt. Zu diesem Zeitpunkt hatten etwa 6100 Kinder ihre
eigene Homepage im Kindernetz. (119) Sabine Stampfel, Leiterin der SWR-Online-Redaktion,
zeigt sich erstaunt und erfreut über die überwältigenden Reaktionen der Kinder
auf das Angebot: "Schön ist, daß die Kinder wirklich miteinander kommunizieren.
Am Anfang hatten wir Bedenken, daß zu wenige teilnehmen würden und daß
das Angebot schnell langweilig werden würde, wenn nicht genügend Kinder
da sind. Jetzt erleben wir genau das Gegenteil. Im Netz haben sich
sofort Freundschaften entwickelt und Cliquen gebildet." (120)
Im Mai 1998 zog der SWR (zu diesem Zeitpunkt noch SWF) Konsequenzen aus
dem großen Ansturm der Kids und verstärkte die Online-Redaktion durch
eine medienpädagogisch geschulte Mitarbeiterin, die sich seither "hauptamtlich"
um das Kindernetz kümmert.
Zum einjährigen Jubiläum im März 1998 stellte die Online-Redaktion
eine Statistik auf über die demographische Zusammensetzung der "Bevölkerung"
im Kindernetz. Unter den rund 6500 Kindern, die zu diesem Zeitpunkt
eine Homepage im Kindernetz hatten, fanden sich ebenso viele Jungen wie
Mädchen. Dies mag als weiterer Indikator dafür interpretiert werden,
daß bei den jungen Internet-Nutzern die weiblichen Vertreter keineswegs
in der Unterzahl sind. (121) Jeder fünfte Bewohner im Kindernetz war
zwischen 7 und 9 Jahren alt, 45 Prozent zwischen 10 und 12 und
35 Prozent zwischen 13 und 15 Jahren.
Fun Online setzt ebenfalls stark auf Partizipation. Ins Leben gerufen hat
dieses Angebot Ende 1996 Egmont Interactive, ein Schwesterunternehmen des Ehapa
Verlages (mit Comics wie Mickey Mouse, Asterix und Lucky Luke
Marktführer im Bereich der Kinderpresse). Ursprünglich war Fun Online als
proprietärer Dienst für Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre geplant, ist seit
Mitte Mai 1998 aber mit einem umfangreichen Angebot im frei zugänglichen World
Wide Web vertreten. (122) Die Idee eines kostenpflichtigen Content-Providers,
exklusiv für Kids, hat man schnell aufgegeben. "Es fehlt einfach die
Bereitschaft, für Online-Inhalte zusätzlich Geld auszugeben", so
Marion Egenberger, Marketing-Beauftragte von Fun Online. Am Ende
kam man auf ganze 3000 Mitgliedsanträge für den proprietären Dienst. (123)
Seit aber Fun Online frei zugänglich ist, stürmen Kids und Jugendliche
diese virtuelle Bastion. In den ersten drei Wochen nach dem Start
meldeten sich über 1500 Kinder und Jugendliche an. Wenn Kinder
die einfache Anmeldeprozedur durchlaufen, können sie sich - ähnlich wie
beim Kindernetz - einen exklusiven Alias reservieren, der sie gegenüber
anderen Fun Onlinern ausweist. Bis Ende August 1998 hatten rund 10.000
Kinder dieses Angebot wahrgenommen - zwei Drittel davon zwischen 10
und 14 Jahren alt. Wie im Kindernetz sind auch bei Fun Online Mädchen
und Jungen etwa gleich stark vertreten. (124)
Jeder angemeldete Nutzer bekommt eine virtuelle Visitenkarte, ein
Postfach für den Briefverkehr innerhalb der Community sowie ein
persönliches Gästebuch. Alle Nutzer, die gerade online sind, stehen
auf einer "Buddy-Liste" und können angemailt und beispielsweise zum
Chat eingeladen werden. Diese Web-Chats werden nachmittags von
Scouts betreut - 15 Studenten, die die Diskussion in Gang
bringen sollen und rüpelhafte Chatter rüffeln. Darüber hinaus gibt
es mehrere Web-Foren, in denen sich jedoch - ebenso wie bei den Chats -
nur registrierte Nutzer zu Wort melden können.
Ein entscheidender Unterschied zum Kindernetz ist, daß die Kommunikation
zwischen zwei Mitgliedern der Community nicht öffentlich abläuft.
Das persönliche Postfach kann nur das einzelne Fun Online-Mitglied
einsehen. Unter Sicherheitsaspekten ist dies nicht ganz unbedenklich,
denn bekanntlich schauen sich pädophil veranlagte Erwachsene insbesondere in
solchen Online-Umgebungen nach Opfern um, die stark von Kindern frequentiert werden. (125)
Tim Kaufhold, der bei Egmont Interactive das Projekt Fun Online
leitet, sieht hierin allerdings keine sonderliche Gefahr: "Die Kinder,
die im Internet surfen, wissen schon ziemlich genau,
was für Gefahren dort lauern." (126)
Neben den verschiedenen Möglichkeiten zur privaten und öffentlichen Interaktion
bietet Fun Online auch eigenproduzierte Inhalte: eine Hausaufgabenhilfe,
täglich aktuelle Horoskope, Szene-Nachrichten, eine Daily Soap,
Online-Spiele, Kino-, Fernseh- und Musiktips sowie Verweise auf andere
Internet-Angebote. Egmont Interactive kooperiert mit zahlreichen Partnerfirmen
und gemeinnützigen Jugendverbänden, die Inhalte beisteuern.
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(97) Vgl. Gehle, Tobias: Kinder im Internet. IN: TelevIZIon 2/1997, S.22-27.
(98) Vgl. u.a.: Schumacher, Britta: Kids online. Multimedia-Anwendungen für Kinder und Jugendliche im Internet. Diplomarbeit im Studiengang Öffentliche Bibliotheken bei der Fachhochschule Stuttgart - Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen. Stuttgart 1997; Aufenanger, Stefan: Internet-Angebote für Kinder. Ein Streifzug durchs World Wide Web. IN: medien prak-tisch 3/1997, S.22-24; Nanopolou, Erasmia: Die Beziehung zwischen Internet und Kinderfernsehen - Das Internetangebot deutscher Fernsehsender. Dijon/Kassel 1997; Das Leben mit der Maus. Was Kids und Teens im Internet treiben. IN: pizz@ 3-4/1998, S.75-77; Schindler, Friedemann: Cyberspace selbst gestalten. Virtual Worlds für Kinder. IN: medien praktisch 3/1997, S.25-29; Schulemann, Gaby: http://wwwo.gibt’s.was.für.Kinder? IN: c’t 11/1997, S. 154; Borchers, Detlef: Hort im Chaos. Fun Online, der erste deutsche Online-Dienst nur für Kinder, verspricht eine heile Netzwelt. IN: Die Zeit 18/1997 vom 25.4.1997, S.74; Bußmann, Ingrid, a.a.O.; Huchler, Manfred/Zinser Sigrid: 3DimenCity - Die Kinder und Jugend Fun-Stadt. IN: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, a.a.O., S.36-39; Kind, Thomas, a.a.O.; Lorenz-Meyer, Lorenz: Nachwuchs am Draht - Drei deutschsprachige Kinderprojekte im World Wide Web. IN: Spiegel Online 15/1997. Online im Internet 1997. URL: http://www.spiegel.de/arc/oworld/97/16/sonv04.html [Stand 23.3.1998]; Mattusch, Uwe: Online-Medien und ihre Bedeutung für die kindliche Lebenswelt. IN: Erlinger, Hans-Dieter (Hrsg.): Kinder und der Medienmarkt der 90er Jahre. Aktuelle Trends, Strategien und Perspektiven. Opladen 1997, S.219-229.
(99) Druin, Allison/Solomon, Cynthia, a.a.O., S.157.
(100) Jupiter Communications: New Jupiter Study..., a.a.O.
(101) Vgl. Aufenanger, Stefan: Internet-Angebote für Kinder, a.a.O.
(102) Vgl. Kapitel 1.3.1.
(103) Vgl. dazu die Diskussion in Kapitel 1.5.1.2.
(104) Vgl. Kapitel 1.3.3.2.
(105) Zu den Angeboten von öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehanstalten vgl. insbesondere Nanopolou, Erasmia, a.a.O.
(106) Vgl. Kapitel 1.3.3.2.
(107) Vgl. Gehle, Tobias: Der direkte Draht zwischen Kindern aus aller Welt. "Kidlink": Online-Netzwerk für die Jüngsten. IN: Kölnische Rundschau vom 17.6.1997, Computer-Rubrik. Online im Internet - URL: http://www.netz-kids.de/publikationen/kidlink.html [Stand 4.4.1999].
(108) Die Net-News sind nach einem hierarchischen Namenssystem geordnet. Zur Funktionsweise von Mailinglisten und Newsgroups vgl. ausführlich Schauecker, Renée: Unbarmherzig technischer Ausklang. Anschlüsse, Provider, Dienste. IN: Bollmann, Stefan/Heibach, Christiane (Hrsg.): Kursbuch Internet. Anschlüsse an Wirtschaft und Politik, Wissenschaft und Kultur. Mannheim 1996, S.481-510.
(109) Vgl. hierzu Schindler, Friedemann, a.a.O.; ferner Bruckman, Amy Susan: MOOSE Crossing. Construction, Community, and Learning in a Networked Virtual World for Kids. Online im Internet 1997 (HTML, Postscript, RTF). URL: http://asb.www.media.mit.edu/people/asb/thesis/index.html [Stand 20.8.1997]. Zum Aufbau von MUDs allgemein vgl. Schnitzer, Holger: Muddies in der virtuellen Welt. Computerspiele im Internet. IN: medien und erziehung 5/1995, S.279-283 sowie Harrison, Roger: Multi User Dungeons. Versuch einer Definition und Standortbestimmung. IN: Bollmann, Stefan/Heibach, Christiane (Hrsg.), a.a.O., S.299-314.
(110) Vgl. Bonte, Austina M. de: Pet Park..., a.a.O.
(111) Das Leben mit der Maus, a.a.O., S.76.
(112) "Karussel e.V." ist ein gemeinnütziger Bochumer Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, die "Spiellandschaft Stadt" durch das Angebot von Freizeitangeboten für Kinder attraktiver zu machen.
(113) Vgl. dazu Kapitel 1.3.3.2.
(114) Das Leben mit der Maus, a.a.O., S.77; vgl. hierzu auch Aufenanger, Stefan: Internet-Angebote für Kinder, a.a.O., S.22.
(115) Aufenanger, Stefan: Internet-Angebote für Kinder, a.a.O., S.23.
(116) Umfassend bescheibt das Angebot Nanopolou, Erasmia, a.a.O., S.35ff.
(117) So die Erklärung von Sabine Stampfel, Leiterin der SWR-Online-Redaktion, in einem persönlichen Telefongespräch am 23.6.1998; vgl. dazu auch die Diskussion in Kapitel 1.5.1.1.
(118) Nanopolou, Erasmia, a.a.O., S.77.
(119) Nach Angaben von Marion Dilg, Mitarbeiterin der SWR-Online-Redaktion (Telefongespräch am 27.8.1998).
(120) zit. nach Lorenz-Meyer, Lorenz, a.a.O.
(121) Vgl. Kapitel 1.3.1.
(122) Für Nutzer von AOL waren die Inhalte von Fun Online ohne zusätzliche Gebühren zugänglich. Haushalte, die bereits einen Internet-Anschluß hatten und nur an den Inhalten von Fun Online interessiert waren, zahlten 7.95 DM Monatsgebühr. Wer das Netz von Egmont Interactive für den Zugang zum Internet nutzte, zahlte eine monatliche Pauschalgebühr von 29.95 DM. Vgl. auch Borchers, Detlef: Hort im Chaos, a.a.O. sowie Lorenz-Meyer, Lorenz, a.a.O.
(123) In einem Telefongespräch am 4.3.1998 sagte Egenberger, Unternehmensziel war bis Jahresende 1997 die zehnfache Abonnentenzahl: "Insgesamt ist der Trend: von den proprietären Diensten weg - hin zum offenen Internet." Fun Online sei als Internet-Provider in den Markt eingestiegen, um eine Marktlücke zu füllen. Man habe den vielen rat- und ahnungslosen Eltern, die von ihren Kindern zum Anschluß an die Datenautobahn gedrängt würden, eine kindersichere Umgebung bieten wollen.
(124) Nach Angaben von Tim Kaufhold, Fun Online-Projektleiter (Telefongespräch am 26.8.1998).
(125) Vgl. Kapitel 1.5.1.1.
(126) Im Telefongespräch am 26.8.1998.
© Tobias Gehle, 1998
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