Kinder im Netz

Abstract

Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, welche Bedeutung dem Internet in Deutschland als Medium für Kinder zukommt. In einer Zielgruppenanalyse werden inhaltliche und dienstespezifische Präferenzen von 6- bis 13jährigen untersucht. Anschließend wird am Beispiel der WDR-Kinderhörfunk-Sendung "Lilipuz" gezeigt, in welcher Form das Internet als programmbegleitendes Medium die Arbeit einer auf die Berichterstattung für Kinder spezialisierten Redaktion ergänzen kann.

Im theoretischen Teil werden zunächst anhand der eher spärlichen Sekundärliteratur einige Rahmenbedingungen für die kindliche Internet-Nutzung erörtert: Monothematische Zielgruppenanalysen liegen für die 6- bis 13jährigen nicht vor, wohl aber vereinzelte Erhebungen zur Online-Reichweite in dieser Altersgruppe sowie allgemeine Angaben zur Internet-Verbreitung in Deutschland. Diese erlauben eine allerdings sehr unsichere Einschätzung, wie intensiv Online-Medien von Kindern unter 14 Jahren genutzt werden. Und diese Einschätzung lautet: Kinder sind im Netz selten anzutreffen, insbesondere Grundschüler nutzen das Internet kaum.
In einem zweiten Schritt werden kindliche Rezeptionsbedürfnisse umschrieben und davon einige Richtlinien für kindgerechtes Web-Design abgeleitet. Es schließt sich eine Darstellung von Trends im deutschsprachigen Online-Angebot für Kinder an. Diese beruht auf einer explorativen Inhaltsanalyse von WWW-Homepages und anderen Internet-Diensten. Schließlich werden Gefahren und mögliche Auswirkungen der Internet-Nutzung für Kinder thematisiert und Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Online-Youngsters vor jugendgefährdenden Inhalten geschützt werden können.

Der zweite Teil der Arbeit basiert auf einer Online-Befragung von Kindern zwischen 6 und 13 Jahren zu ihren Internet-Nutzungsgewohnheiten. Während des neunwöchigen Untersuchungszeitraumes füllten 301 Kinder den interaktiven Fragebogen im World Wide Web aus. Rund 60 Prozent davon waren Mädchen. Von einer männlichen Dominanz in dieser Altersgruppe ist also nicht auszugehen. Fast zwei Drittel der Respondenten waren zwischen 11 und 13 Jahre alt. Rund die Hälfte geht meistens am heimischen PC online, nur drei von zehn Kindern in der Schule. Knapp ein Viertel der Befragten ist täglich im Netz, fast ein Drittel ein bis zweimal pro Woche. Auf der Skala der Anwendungsarten und inhaltlichen Typen von Online-Informationen, welche die Kinder als ihnen bekannt ausgaben, stehen Bilder, Videoclips und Animationen ganz oben. Davon läßt sich auf einen großen Verbreitungsgrad des World Wide Web schließen. Die E-Mail belegt den zweiten Rang, textuelle Inhalte liegen im Mittelfeld. Online-Spiele haben nur 40 Prozent der Kinder schon mal ausprobiert.
Mit der Online-Umfrage "Kinder im Netz" konnte gezeigt werden, daß sich diese Form der Datenerhebung durchaus eignet, kindliche Nutzungsgewohnheiten auszuloten. Allerdings ist die Erhebung nicht repräsentativ und somit bei der Bewertung der Ergebnisse Vorsicht geboten.

Im dritten Teil werden zunächst die redaktionellen Voraussetzungen und das Konzept für den Auftritt der Kinderradio-Sendung "Lilipuz" im World Wide Web beschrieben. Im Anschluß daran wird die Abrufhäufigkeit für die einzelnen inhaltlichen Bestandteile der Homepage über einen Zeitraum von 21 Monaten analysiert. Basis für diese Analyse sind die Statistiken des WWW-Servers, auf dem die "Lilipuz"-Homepage untergebracht ist. Zwar verzeichneten die Statistiken enorme Steigerungsraten. Im Vergleich zu anderen Kinderangeboten im Netz nimmt sich die Popularität der Homepage aber eher bescheiden aus. Es stellte sich ferner heraus, daß die Besucher der "Lilipuz"-Homepage vor allem Informationen über das aktuelle Programm schätzen, weniger jedoch journalistischen Mehrwert in Form von Service-Hinweisen wie Büchertips oder Veranstaltungskalender.
Bei der Analyse der E-Mails, die Eltern und Kinder zwischen Ende Dezember 1996 und Mitte Juli 1998 an die Redaktion schickten, zeigte sich: Insgesamt melden sich sehr wenige Eltern und Kinder via Internet bei "Lilipuz". Im untersuchten Zeitraum trafen weniger als neun elektronische Hörerbriefe pro Monat ein. Die meisten Kinder und Erwachsenen, die an "Lilipuz" schreiben, forderten lediglich PR-Material wie Poster oder Aufkleber an. Nur wenige nutzten die elektronische Post, um Meinungen zum Programm an die Redaktion heranzutragen.
Das Potential des Internet als programmbegleitendes Medium ist für "Lilipuz" zum aktuellen Zeitpunkt also eher bescheiden. Dies hängt offenbar vor allem mit der (noch) geringen Reichweite des Internet in der von der Radiosendung angesprochen Zielgruppe zusammen.

© Tobias Gehle, 1998

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